Aktuelle Rechtsprechung

VORFÄLLISGKEITSENTSCHÄDIGUNG
Bundesgerichtshof: Klausel diverser Volksbanken zu Vorfälligkeitsentschädigung ist unwirksam

23.05.2025

Immer wieder kommt es vor, dass Banken in Darlehensverträgen zur Finanzierung von Immobilienkäufen unwirksame Vertragsklauseln zur Vereinbarung einer Vorfälligkeitsentschädigung verwenden. Bank-kunden, die in diesen Fällen dennoch eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben, können diese dann oftmals zurückfordern.

Banken haben gegen den Darlehensnehmer einen Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung, wenn und das Darlehen - z.B. im Rahmen eines Verkaufs der Immobilie - vorzeitig abgelöst werden soll. Die Bank lässt sich so für entgangene Zinsen entschädigen.

Enthält der Darlehensvertrag jedoch keine klaren und verständlichen Angaben über Laufzeit des Vertrages, Kündigungsrecht des Darlehens-nehmers oder Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, verliert die Bank ihren Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

Jüngst hatte der Bundesgerichtshof (BGH) eine von vielen Volksbanken verwendete Darlehensklausel zu verhandeln. Der BGH entschied mit Urteil vom 3. Dezember 2024 (XI ZR 75/23) zur Ordnungsgemäßheit der Angabe über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag. Es ging um zwei Immobiliar-darlehensverträge mit einem jeweils gebundenen Sollzinssatz und einem jährlich, nicht auf das Folgejahr übertragbaren Sondertilgungs-recht, deren voraussichtliche Laufzeit jedoch weit länger als der gebundene Sollzinssatz war. In den AGB der Volksbank heißt es zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unter anderem: 

„Der Zinsverschlechterungsschaden als der finanzielle Nachteil aus der vorzeitigen Darlehensablösung, das heißt, die Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Hypothekenpfandbriefen mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht.“

Die Kläger wollten ihre Immobilie verkaufen und die entsprechenden Darlehen vorzeitig zurückzahlen. Die Bank stellte den Darlehens-nehmern daraufhin für jedes Darlehen eine Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung. Die Kläger zahlten unter Vorbehalt und verlangten die gezahlte Summe anschließend vor Gericht zurück. Mit Erfolg!

Die Gerichte stellten fest, dass die streitgegenständliche Klausel, die bei der Schadensberechnung zeitlich auf die „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ abstelle, in dem Sinne unrichtig oder zumindest irreführend sei. Der Zinsschaden sei nur für den Zeitraum rechtlich geschützter Zinserwartung ersatzfähig. Dieser Zeitraum bestehe bis zum verein-barten Fälligkeitszeitpunkt des Rückzahlungsanspruchs oder, wenn dieser zeitlich früher liege, bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der nächsten zulässigen Kündigung, wobei die erstmalige Kündigungs-möglichkeit des Darlehensnehmers nach zehn Jahren die Obergrenze darstelle. Die Information über die Berechnung der Vorfälligkeits-entschädigung sei somit fehlerhaft und der Anspruch der Beklagten auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen.

Unwirksame Vertragsklauseln betreffend Voraussetzungen und Berechnung der Vollfälligkeitsentschädigung sind leider keine Seltenheit, weshalb sich eine fachanwaltliche Prüfung entsprechender Klauseln empfiehlt.

BANKGEBÜHREN
Bundesgerichtshof: Bankkunden müssen der Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustimmen 

27.04.2021

Mit Urteil vom 27.04.2021 hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (XI ZR 26/20, noch nicht im Volltext erschienen, die entsprechende Pressemitteilung finden Sie hier) entschieden, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) fingieren, unwirksam sind.

Kreditinstitute nutzen häufig Klauseln mit in etwa folgendem Inhalt: Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen werden den Kunden spätestens einige Zeit vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Die Zustimmung des Kunden gilt dabei als erteilt, wenn der Kunde seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. 

Die Zustimmung des Kunden zu den geänderten AGB wird somit fingiert, ohne dass der Kunde aktiv mitwirken muss.

Der Bundesgerichtshofs hat nunmehr entschieden, dass entsprechende Klauseln unwirksam sind.

Künftigen Änderungen der AGB werden die Kunden daher aktiv zustimmen müssen, damit diese wirksam werden. Und vielleicht noch relevanter: Soweit die Bank mittels derartiger Zustimmungsfiktionen in der Vergangenheit ihre Gebühren erhöht hat, können Kunden den Erhöhungsbetrag dieser Gebühren zurückfordern, und zwar verzinst und rückwirkend bis zum 01.01.2018, sofern sie ihren Anspruch noch in diesem Jahr geltend machen.

Ob das Urteil des Bundesgerichtshofs nur für Kreditinstitute oder auch für andere Verwender von vergleichbaren AGB-Klauseln wie z.B. Stromanbieter und Fitnessstudios gilt, ist noch offen. Dies wird sich möglicherwiese aus der ausstehenden Urteilsbegründung ergeben.

MIETENDECKEL
Bundesverfassungsgericht: Berliner Mietendeckel ist verfassungswidrig und nichtig 

15.04.2021

Mit seinem heute veröffentlichten Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln) für nichtig erklärt.

Regelungen zur Miethöhe für frei finanzierten Wohnraum fallen in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit. Auf diesem Gebiet sind die Länder zur Gesetzgebung nur befugt, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat (Art. 70, Art. 72 Abs. 1 GG). Da der Bundesgesetzgeber das Mietpreisrecht in den §§ 556 bis 561 BGB abschließend geregelt hat, ist für die Gesetzgebungsbefugnis der Länder kein Raum. Da das MietenWoG Bln ebenfalls die Miethöhe für ungebundenen Wohnraum regelt, ist es insgesamt nichtig.

Da der Mietendeckel von Anfang an unwirksam ist, sind die Vorschriften des BGB in Kraft geblieben. Soweit Vermieter die Miete zum 1. März 2020 auf die Stichtagsmiete zum 18.6.2019 abgesenkt haben und soweit sie die Miete zum 1. Dezember 2021 (oder zum 23.11.2021) auf die Kappungsgrenze abgesenkt haben, müssen die Mieter die Miete insoweit nachzahlen. Eine besondere Frist sieht das Gesetz hierfür nicht vor, so dass die Nachzahlung sofort fällig ist. Es ist wohl eher nicht zu erwarten, dass das Land Berlin allen Mietern, die nun Schwierigkeiten haben, die Nachzahlung fristgerecht zu leisten, einen entsprechenden Betrag zumindest als Darlehen zur Verfügung stellen wird. Mieter sollten daher zeitnah mit ihrem Vermieter sprechen, falls die Nachzahlung nicht auf einmal geleistet werden kann, Vermieter sollten darauf Rücksicht nehmen. 

DIESEL-GATE 
Bundesgerichtshof: Volkswagen muss im Dieselskandal Schadenersatz leisten 

25.05.2020

Mit Urteil vom 25.05.2020 (VI ZR 252/19, zum Volltext gelangen Sie hier) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Volkswagen seine Kunden über Jahre hinweg vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat. Der Bundesgerichtshof führt dazu in seiner jüngsten Pressemitteilung u.a. aus:

"Das Verhalten der Beklagten im Verhältnis zum Kläger ist objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren. Die Beklagte hat auf der Grundlage einer für ihren Konzern getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und damit auch Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch, langjährig und in Bezug auf den Dieselmotor der Baureihe EA189 in siebenstelligen Stückzahlen in Deutschland Fahrzeuge in Verkehr gebracht, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden. ... Ein solches Verhalten ist im Verhältnis zu einer Person, die eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschalteinrichtung erwirbt, besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren."

Die Feststellungen des Bundesgerichtshofs gelten gleichermaßen für Gebraucht- und Neuwagen. Auch ein zwischenzeitlich aufgespieltes Software-Update ändert nichts am eingetretenen Schaden. 

Dieses Urteil bringt den zahllosen geschädigten Kunden von Volkswagen weitere Rechtssicherheit. Zudem hat es Bedeutung für Kunden anderer Hersteller, die ebenfalls unterschiedlichste Vorrichtungen in ihren Fahrzeugen verbaut hatten. Auch diese Kunden dürfen sich nunmehr noch stärkere Hoffnung auf Schadenersatz machen.

Wenn Sie Ihre individuellen Erfolgsaussichten für ein Vorgehen gegen Ihren Autohersteller oder -händler prüfen lassen wollen, können Sie sich jederzeit an uns wenden.

WIDERRUF DARLEHENSVERTRAG
    EUGH wiederbelebt den totgeglaubten    Widerrufsjoker 

26.03.2020

Mit Entscheidung vom 26.03.2020 hat der EuGH (C-66/19, im Volltext hier nachzulesen) dem seit längerem für tot gehaltenen Widerrufsjoker mit einem Paukenschlag zu neuem Leben verholfen und unzähligen deutschen Kreditnehmern neue Hoffnung beschert.

Im Jahr 2012 unterschrieb ein Kreditnehmer bei einer Kreissparkasse einen Darlehensvertrag über 100.000 Euro und widerrief diesen im Jahr 2016. Der Kreditnehmer argumentierte, dass die Widerrufsbelehrung in seinem Darlehensvertrag nicht verständlich formuliert gewesen sei. Konkret lautete die zum möglichen Widerruf belehrende Passage: „ Die Frist (für den Widerruf des Immobiliendarlehens) beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (…) erhalten hat “. Dabei handelt es sich um einen so genannten Kaskadenverweis: Eine Passage in den Widerrufsinformationen, in der auf einen Paragraphen verwiesen wird, der selbst wiederum auf weitere Paragraphen verweist. Im streitgegenständlichen Fall musste der Darlehensnehmer sechs weitere Paragraphen studieren, um an die gewünschte Information zu kommen – nämlich die, wann die Widerrufsfrist für sein Immobiliendarlehen zu laufen beginnt. 

Nachdem die Kreissparkasse nicht einlenkte. klagte der Darlehensnehmer vor dem Landgericht Saarbrücken (1 O 164/18). Eigentlich kein sonderlich aussichtsreicher Fall, denn der Bundesgerichtshof hatte das Thema zuvor eigentlich beerdigt, indem er im November 2016 eine Standard-Widerrufsbelehrung für „ klar und verständlich “ erklärt (XI ZR 434/15, im Volltext hier nachzulesen) hatte. Danach hatten Verbraucher schlechte Karten, für Verträge ab Juni 2010 den sogenannten Widerrufsjoker zu ziehen und aus teuren Krediten vorzeitig auszusteigen. 

Vor dem Landgericht Saarbrücken geschah allerdings etwas Ungewöhnliches: Statt einfach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu folgen, setzte die Kammer ihr Verfahren aus und legte die Sache dem EuGH vor. Und dieser widersprach dem Bundesgerichtshof deutlich: Im Fall eines Kaskadenverweises könne ein Verbraucher weder „ den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen noch überprüfen, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält, und erst recht nicht, ob die Widerrufsfrist, über die er verfügen kann, für ihn zu laufen begonnen hat “, so die Richter.

Relevant ist das Urteil vor allem für zwei Arten von Darlehen: Immobilien- und Baufinanzierungen sowie Autokredit- oder Leasingverträge. 

Sollten Sie Fragen zum Thema Widerruf haben, können Sie sich jederzeit an uns wenden.

© Rechtsanwälte Paul und Bröße Partnerschaftsgesellschaft mbB. Alle Rechte vorbehalten. 

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.